Beruf(ung): Unternehmerin

Spezifisch weibliche Hürden und Voraussetzungen auf dem Weg in die Selbstständigkeit
Nachricht22.11.2017Melanie Kögler
Podiumsdiskussion
Das rein weiblich besetzte Panel bei der Diskussion in KarlsruheReinhold-Maier-Stiftung

Nur jedes dritte Unternehmen wird von einer Frau geführt. Bei technologieorientieren Start-ups sind es noch weniger. Die Selbstständigenquote von Frauen ist mit 7,6 % nur halb so hoch wie bei Männern. Obwohl die Zahl beruflich selbständiger Frauen in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, ist das Bild des „Unternehmers“ in Deutschland nach wie vor männlich geprägt.

Gleichzeitig sortiert die digitale Transformation den Arbeitsmarkt neu. Sie birgt neue Chancen für selbstständige, nicht-lineare, flexible, individualisierte und chancengleichere Arbeitsmodelle und gibt Raum für neue Berufs- und Geschäftsideen, den auch oder besonders Frauen für sich nutzen können.

Dies war Grund genug für die Reinhold-Maier-Stiftung, bei einer Diskussionsrunde mit erfolgreichen Unternehmerinnen darüber zu diskutieren, warum sie sich für die unternehmerische Selbständigkeit entschieden haben, welche – politischen und strukturellen – Rahmenbedingungen Unternehmergeist bei Frauen wecken und welche Herausforderungen besonders weiblichen Unternehmerinnen begegnen.

Der Karlsruher Bundestagabgeordnete Christian Jung wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass schon bei Kinderbüchern Berufe wie Politiker oder Unternehmer sowie das Streben nach Gewinn oftmals eher negativ besetzt seien. Frauen stünden zudem vor der besonderen Herausforderung, Familie und Beruf noch mehr als Männer in Einklang bringen müssen. Die Infrastruktur spiele eine große Rolle: wenn diese stimme, könne man auch junge Frauen für Unternehmertum begeistern, so Jung.

Dorothea Freiburger vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) betonte, wie wichtig Netzwerke seien. Auch in der Diskussion, die rein weiblich besetzt war, wurde dies von allen als eine der wichtigsten – wenn nicht sogar die wichtigste – Voraussetzung für erfolgreiches Gründertum angesehen.

Gabriele Reich-Gutjahr, wirtschaftspolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, stellte klar: „Es braucht Geld, Biss und den richtigen Partner“. Das Unternehmertum sei ein Abenteuer, man weiß anfangs nicht, wie es sich entwickelt – umso wichtiger sei es, einfach anzufangen. Gerade Frauen neigen dazu, sich nicht kompetent genug zu fühlen und sich immer weiter fortzubilden, so Reich-Gutjahr. Stattdessen müssten sie sich jedoch oft einfach mehr zutrauen.

Auch Cordula Bräuninger, Pressesprecherin der L-Bank, berichtete anhand ihrer Erfahrung mit der Vergabe von Fördergeldern, dass Frauen sehr viel vorsichtiger gründen als Männer. Sie planen viel genauer und überlegen ganz genau, ob sie sich das wirklich zutrauen und ob es funktionieren kann.

Bei den Überlegungen vor einer Gründung können Beratungsangebote helfen und werden auch oft wahrgenommen. Die gute Vorbereitung und Beratung führe schließlich auch dazu, dass – zumindest für Baden-Württemberg gesprochen – nur relativ wenige Unternehmenskredite ausfallen.

Als Vertreterin der bundesweiten Gründerinnenagentur des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg betonte Iris Kronenbitter, dass es allein in Baden-Württemberg etwa 60 Netzwerke für Gründerinnen und Unternehmerinnen gebe, die wertvolle Ratschläge geben oder auch weiterhelfen können, Partner zu finden. Wichtig sei vor allem, dass das Unternehmenskonzept zu der individuellen Person passen müsse.

Ariane Durian, Vizepräsidentin der IHK Karlsruhe und Vorbild-Unternehmerin der Initiative „FRAUEN unternehmen“ des Bundeswirtschaftsministeriums, hob hervor, wie wichtig es sei, dass sich im Umfeld gründungswilliger Frauen die richtigen Personen befinden. Mentoren können oft den letzten Anstoß bieten, die Gründung zu wagen. Dass Frauen multitaskingfähig seien und ein Unternehmen aufbauen, sich aber parallel noch um Eltern, Kinder und die gesamte Familie kümmern können, mache diese so stark und erfolgreich, wenn sie es erst einmal wagen.

Unser Allwomenpanel und das Publikum waren sich einig: Frauen müssen offen sein, ihre Kontakte nutzen und ausbauen, ein offenes Ohr haben für andere Frauen und sich unterstützen. Bei genauer Betrachtung sind scheinbare Hürden überwindbar – Beratungsangebote gibt es ausreichend, man müsse diese nur nutzen. Zudem müsse man vor allem an sich glauben, dann ist der erste Schritt zu einer erfolgreichen Gründung bereits gemacht.