Israel – eine Selbstbehauptung

Diskussion mit Prof. Dan Schueftan
Veranstaltungsbericht09.03.2020Dr. Jan Havlik, Programmmanager Region Stuttgart, Reinhold-Maier-Stiftung
Dan Schueftan
Dan Schueftan, Direktor des Studienzentrums für Nationale Sicherheit an der Universität Haifa, sprach in Stuttgart über die aktuelle Sicherheitspolitik IsraelsReinhold-Maier-Stiftung / Nina Scavello

Wer Professor Dr. Schueftan trifft, erlebt einen freundlichen Herrn, der mit Höflichkeit und Humor den Menschen begegnet. Darin spiegelt sich auch seine Lebenserfahrung, die ihn schon durch viele Stationen führte, darunter an die Georgetown University in den USA und als Berater des Israelischen Nationalen Sicherheitsrats. Der Direktor des Studienzentrums für Nationale Sicherheit an der Universität Haifa wird jedoch sehr bestimmt und präzise, wenn es um Fragen der Sicherheit Israels geht.

Das durften die über hundert Zuhörerinnen und Zuhörer im Haus der Wirtschaft in Stuttgart erleben, als er bei einer Veranstaltung der Reinhold-Maier-Stiftung in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Region Stuttgart einen Vortrag zum Thema hielt. Der Staat Israel kann nur aus dem historischen Kontext verstanden werden, den er anschaulich erläuterte. Der Weg vom „Volk Israels“ zum heutigen „Staat Israel“ – „Von König David bis David Ben-Gurion“, wie Schueftan formulierte – geht über eine Zeitspanne von mehr als 2000 Jahren. In dieser Zeit seien die Juden über die ganze Welt verstreut gewesen. Der Staat Israel, der sich im 20. Jahrhundert gründete, gab den Juden eine Heimstatt und eigene, umfassende Verantwortung dafür. Israel wurde zum Staat, der Juden aus der ganzen Welt aufnahm, mit aller Dynamik, die Persönlichkeiten und Biographien aus mit sich bringen. In Israel selbst mischten sich diese Erfahrungshorizonte und tun es seinen Aussagen zufolge immer noch – nicht zuletzt aufgrund des Militärs, das wehrpflichtige Männer und Frauen im Dienst zusammenbringt und das oftmals mit „familiären Folgen.“

Die „israelische Mentalität“, die Schueftan beschrieb, zeichnet sich durch Direktheit und Solidarität aus. Heute stehe Israel stark da – „wir haben ein funktionierendes Volk“, so Schueftan, mit hoher Geburtenrate und wirtschaftlicher Kraft. So seien die Zeiten „des reichen Onkels aus Amerika“, der Israel finanziell am Leben halten müsse, vorbei: „Wir sind eine wissenschaftliche und technologische Großmacht“, so Schueftan. Und vor allem eine offene, demokratische Gesellschaft in einer Weltregion, die sich durch Krisen, Kriege und Diktaturen in den umliegenden Staaten auszeichnet.

Israels Sicherheit und Existenz, die von vielen Staaten nach wie vor in Frage gestellt wird, stand im Mittelpunkt seiner weiteren Ausführungen. Dabei schilderte Schueftan viele neue Perspektiven und seine Meinung zu drängenden Fragen, die auf die Zuhörerinnen und Zuhörer erhellend und mitunter auch für den mitteleuropäischen Blickwinkel verstörend wirken mussten. Die Wichtigkeit der Palästinenserfrage schätzte er als nicht sehr groß ein und plädierte für eine klare Trennung Israels und Palästinas, wie er es seinerzeit auch schon der israelischen Regierung beim Rückzug aus dem Gaza-Streifen vorgeschlagen hatte. Als grundlegend für die gesamte Region des Nahen Ostens schätzte er jedoch die Politik des iranischen Mullah-Regimes ein, das seiner Analyse zufolge versuche, den gesamten Raum umfassend zu dominieren – auch mit anzustrebendem Atomwaffenpotential. Diesem militärisch und – wie durch die Vereinigten Staaten massiv praktiziert – wirtschaftlich restriktiv zu begegnen, sei nicht zuletzt eine entscheidende Frage für den Staat Israel und den Frieden insgesamt.

Es wird auch an Europa liegen, dieser Region und dem Staat Israel eine Perspektive zu gewährleisten. Dass die Sicherheitsinteressen und Wehrhaftigkeit in einer Region der Gewalt und der krisenhaften Umbrüche dabei maßgeblich sein werden, schilderte Professor Schueftan eindrücklich.