„Wir brauchen eine Kultur des Mutes und der Zuversicht“
von Melanie Kögler
Jürgen Morlok, Mitglied im Verwaltungsrat der Reinhold-Maier-Stiftung, Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit sowie Ehrenvorsitzender der Freien Demokraten Baden-Württemberg, wurde am Wochenende mit der Reinhold-Maier-Medaille ausgezeichnet.
Die nach dem ersten Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg benannte Auszeichnung wird im Wechsel von der Reinhold-Maier-Stiftung, der FDP/DVP-Landtagsfraktion und der FDP Baden-Württemberg an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise um den Liberalismus und den Wert der Freiheit verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern gehören u.a. die EU-Kommissarin Margrethe Vestager, der Unternehmer Hans-Peter Stihl, die Neue Zürcher Zeitung, Helen Zille, Abtprimas Dr. Notker Wolf, Helmut Markwort, Walter Scheel, Lord Ralf Dahrendorf oder Hans-Dietrich Genscher.
Fast 200 Gäste – darunter viele Wegbegleiter Morloks – waren in die Karlsburg in Morloks Heimatstadt Karlsruhe gekommen, um dem Festakt beizuwohnen.
Isabel Fezer, Stuttgarter Bürgermeisterin und stellvertretende Vorsitzende der Reinhold-Maier-Stiftung betonte bereits in ihrer Begrüßung, dass mit Jürgen Morlok „eine Persönlichkeit geehrt wird, die die Gemeinsamkeiten von Badenern und Württembergern verkörpert und somit das Erbe von Reinhold Maier pflegt wie nur wenige andere“. Morlok sei „Durlacher mit ganzem Herzen, überzeugter Baden-Württemberger und begeisterter Europäer“, sagte Isabel Fezer weiter.
Mit klarem Kompass und sehr menschlich
Betrachte man seine politischen Stationen – sei es als Gemeinderat in Karlsruhe, als Landtagsabgeordneter, als Fraktionschef, als Verwaltungsrat oder als Landesvorsitzender der Freien Demokraten in Baden-Württemberg, deren Ehrenvorsitzender er auch heute noch ist – „wird sehr schnell deutlich, dass er ein waschechter Liberaler ist, der seine Geisteshaltung stets überzeugend verkörpert, der sich beständig für die Idee der Freiheit einsetzt und seine Mitmenschen auch dafür begeistern kann – in ganz verschiedenen Kontexten, über gesellschaftliche Veränderungen oder politische Zäsuren hinweg – hochengagiert, mit klarem Kompass und besonders menschlich“, erklärte Isabel Fezer.
Michael Theurer, Vorsitzender der Freien Demokraten Baden-Württemberg und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, zeichnete in seiner Laudatio einzelne Stationen des politischen Werdegangs des Preisträgers nach und betonte, dass Jürgen Morlok einer derjenigen Politiker sei, „die sich auf festem wissenschaftlichen Fundament eingemischt haben in die politischen Debatten“. Die Triebkraft hinter dem Vorhaben, die Reinhold-Maier-Stiftung, der der Preisträger auch heute noch als Verwaltungsrat angehört, im Jahr 1977 zu gründen, sei maßgeblich Jürgen Morlok gewesen – mit dem Ziel, einen Akzent zu setzen und Bildungsarbeit zu leisten in einer Zeit des Umbruchs.
Nicht nur dafür, sondern für sein gesamtes politisches Lebenswerk, verdiene Jürgen Morlok die Reinhold-Maier-Medaille. Mit seinem Engagement habe sich der Preisträger bereits früh einen Namen erarbeitet, habe Sachverhalte weitsichtig betrachtet und auch in schwierigen Zeiten nie aufgegeben. „Jürgen Morlok war ein Fels in der Brandung, als die Stürme über den baden-württembergischen Landesverband hingefegt sind. Er hat anderen Mut gemacht“, sagte Michael Theurer. Morlok kämpfe ebenso wie einst Reinhold Maier für das liberale Kernanliegen und sei diesem auch während seiner Tätigkeiten in der Wirtschaft stets treu geblieben. „Wer auf eine solche Vita zurückblickt, der kann mit Fug und Recht sagen, etwas im Leben geleistet zu haben“, fasste Michael Theurer zusammen – dennoch sei dies für Jürgen Morlok aber kein Anlass, sich zurückzulehnen und ihn treiben die Fragen der Zeit mehr denn je um.
n seiner Dankesrede regte Jürgen Morlok dazu an, sich als Politiker Reinhold Maier zum Vorbild zu nehmen, dessen politisches Wirken von den Leitbegriffen Heimat, Mittelstand und Bodenständigkeit geprägt war. Diese haben auch ihn selbst stark beeinflusst, erläuterte der Preisträger, und sie seien nach wie vor gültig und wichtig: „Auf die Frage nach der politischen Aktualität Reinhold Maiers gibt es eigentlich nur eine Antwort: Daran gibt es keinen Zweifel! Es ging ihm und es geht uns Liberalen heute darum, einen Staat zu bauen, der die Bürger nicht daran hindert, Dinge, die sie selbst erledigen können, auch selbst zu erledigen.“ Maier sei jegliche politische Abgehobenheit zutiefst zuwider gewesen, erklärte Morlok: „In diesem Sinne wäre die politische Klasse gut beraten, etwas mehr Demut walten zu lassen, zumal das Auftreten mancher Politiker eher an die Inszenierung der eigenen Bedeutungs- und Konzeptionslosigkeit erinnert als an die Umsetzung zielführender Gestaltungsmacht. Auf Dauer kann nämlich operative Hektik geistige Windstille nicht ersetzen. Für mich war und ist klar: Politik überzeugt durch Inhalt und Person.
Die aktuelle Zeit, in der pluralistische Demokratien immer mehr unter Druck stehen, sei keine gute Zeit für die Liberalen: „Das Vertrauen in die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung schwindet und systemkritische Erzählungen, wie zum Beispiel `Wirtschaft dient nur den Reichen` oder `Wettbewerb zerstört Solidarität` gewinnen an Zustimmung“, sagte Morlok weiter. Zudem werde die offene Gesellschaft „durch eine Art von Schwundform von Toleranz bedroht. Es kann keine Toleranz gegen Intoleranz geben, auch wenn sie unter der Fahne der kulturellen oder religiösen Authentizität daherkommt. Schulterzuckende Gleichgültigkeit planiert einerseits kulturelle Differenzen und gemeinschaftlich verpflichtende Werte und produziert andererseits zugleich populistisches Identitätsverlangen“.
Zeitalter der Überforderung
Globalisierung und Digitalisierung führe bei vielen Menschen zu dem Gefühl, in einem Zeitalter der Überforderung zu leben, die Politik verpasse jedoch oftmals die Chance, „den Bürgern Halt und Orientierung zu geben“. Nicht nur die Politik müsse sich jedoch ändern, sondern auch jeder Einzelne in seiner Haltung: „Statt der Kultivierung des Pessimismus brauchen wir eine Kultur des Mutes und der Zuversicht“, appellierte der Preisträger.
Hans-Ulrich Rülke, der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, betonte in seinem Schlusswort, dass Reinhold Maier sicher bestätigt hätte, dass es die „Synergie von Professionalität und innerer Haltung“ sei, die Jürgen Morlok auszeichne und die ihn zu einem würdigen Preisträger mache. „Gäbe es die Reinhold-Maier-Medaille nicht, für Jürgen Morlok müsste sie eingeführt werden“, so Rülkes Fazit.