„The Black Experience“ und die Rolle der Medien

Nachricht05.03.2018Melanie Kögler
Esther T. Earbin
Esther T. Earbin in TübingenReinhold-Maier-Stiftung

Welche Rolle spielen Medien in der Darstellung von und dem Umgang mit Afro-Amerikanern? Diese Frage stand im Zentrum eines Vortrags der Kriminologin Esther T. Earbin in Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut Tübingen. Esther Earbin ist Doktorandin am Max Plack Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg sowie Gastdozentin zum Thema „Crime & American Culture“ in der Abteilung für Amerikanistik der Universität Tübingen.

Dass Medien offensichtlich eine Wirkung auf die Gesellschaft haben, verdeutlichen nicht zuletzt die Präsidentschaft Trumps und dessen Umgang mit den Medien – die dort kommunizierten Äußerungen prägen sich beim Publikum ein und entfalten so ihre Wirkung. Je öfter ein bestimmtes Bild vermittelt wird, desto eher beginnen die Menschen dieses auch zu glauben. Werden in den Medien also Feindbilder von bestimmten ethnischen Gruppen vermittelt, wird sich das bei unkritischen Konsumenten irgendwann im Kopf verankern und sie werden die vermittelten Ansichten für wahr halten, so Earbin über die Grundproblematik.

In den 90er Jahren hätten beispielsweise einige amerikanische Medien von einer zunehmenden Gewalt von Seiten Jugendlicher berichtet, vor allen ausgehend von Afroamerikanern. Hierdurch sei eine Spaltung entstanden, Schwarze wurden daraufhin zunehmend skeptisch beäugt.

Die ungleiche Behandlung von Menschen mit einer anderen Hautfarbe begründe sich also aus einer Mischung von Vermutungen und Vorurteilen, auch bestärkt durch die Medien, und einem Mangel an Bewusstsein und Auseinandersetzung.

Im Alltag werden zu viele negative Begriffe mit dem Adjektiv „schwarz“ assoziiert – so beispielsweise der Schwarzmarkt. Earbin stellte die Frage in den Raum, warum es ausgerechnet „schwarz“ sein müsse: „It’s all about alternatives“. Begriffe wie „illegal“ würden eine solche Alternative darstellen, ohne das Adjektiv „schwarz“ mit einer negativen Konnotation zu versehen, die sich in den Köpfen der Menschen auch auf andere Bereiche ausdehnt.

In Film und Fernsehen werden Afroamerikaner oftmals stereotypisch dargestellt: Als bekanntes Beispiel nannte Esther Earbin Stepin Fetchit, der in den 1930er Jahren oft faule, unterwürfige und einfältige Figuren spielte – eine rassistische Verzerrung. Schwarze Frauen würden zumeist als Sklavinnen oder Geliebte dargestellt. Als Hattie McDaniel 1940 als erste afroamerikanische Schauspielerin mit einem Oscar für die beste Nebenrolle in dem Film „Vom Winde verweht“ ausgezeichnet wurde, bezog sich dies auch auf eine Rolle als Dienstmädchen.

Filme mit einer solchen stereotypischen Darstellung zu bannen, hält die Kriminologin aber für falsch: die Auseinandersetzung sei wichtig – die Geschichte einfach zu bannen, löse das Problem nicht und führe letztlich nur dazu, dass sich irgendwann alles wiederholt.

Gerade was Filme und Serien angeht, werden aber die Optionen zunehmend besser. Durch die Verbreitung von Netflix und ähnlichen Plattformen hat man immer mehr die aktive Wahlmöglichkeit, was man schauen möchte und ist nicht mehr auf das vorgegebene Fernsehprogramm angewiesen.

Man müsse zudem erkennen, dass die Medien zwar in vielen Fällen zu einem bestimmten Bild von Afroamerikanern beitragen, sie gleichzeitig aber auch Bewegungen wie „Black Lives Matter“, die sich vor allem in den sozialen Netzwerken generiert und Protestmärsche und Demonstrationen als Reaktion auf rassistische Beleidigungen oder tätliche Gewalt gegen Schwarze organisiert, überhaupt erst ermöglichen.

Auch vor den heutigen Massenmedien gab es ähnliche positive Beispiele, wie die vorhandenen Medien genutzt wurden: die amerikanische Journalistin und Bürgerrechtlerin Ida B. Wells setzte sich gegen die gegen Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitete Lynchjustiz an Afroamerikanern ein und verschaffte sich durch Reden und Artikel mediale Aufmerksamkeit. Einige Zeit lebte sie auch in Europa und nutzte währenddessen die Gelegenheit und die Medien, auch dort die Problematik publik zu machen.

Um wirklich das Justizsystem und die Wahrnehmung verändern zu wollen, muss man sich vernetzen, andere Menschen, andere Kulturen kennenlernen, mit unterschiedlichen Personen sprechen, so das Fazit. Zudem sei es wichtig, die Medien verstehen zu lernen und zu begreifen, wie diese arbeiten und funktionieren. Es sei wichtig, alles zu hinterfragen, nichts als gegeben zu akzeptieren und sich stets selbst zu fragen, warum ein scheinbarer Fakt genau so ist, wie er zu sein scheint – und was am ehesten der Realität entspricht.