Ein Liberaler im wahrsten Sinne des Wortes

Dietmar Schöning mit Reinhold-Maier-Nadel ausgezeichnet
Veranstaltungsbericht24.06.2019Melanie Kögler
Verleihung der Reinhold-Maier-Nadel an Dietmar Schöning
In Tübingen wurde Dietmar Schöning mit der Reinhold-Maier-Nadel geehrtReinhold-Maier-Stiftung

Der Tübinger Stadtrat Dietmar Schöning wurde mit der Reinhold-Maier-Nadel ausgezeichnet. Mit der Reinhold-Maier-Nadel zeichnet die Reinhold-Maier-Stiftung Personen aus, die sich als Liberale insbesondere auf kommunaler Ebene engagiert haben und sich im Sinne Reinhold Maiers Verdienste um die "Graswurzeldemokratie" erworben haben.   

Schöning engagierte sich bereits in seiner Studienzeit politisch und war als Vertreter des Liberalen Studentenbunds Mitglied des AStA-Vorstands. Anschließend setzte er sich bei der FDP und den Deutschen Jungdemokraten, deren Landesvorsitzender er 1971/72 war, ein. Seit Ende der 70er Jahre war er – unterbrochen durch die eigene Abgeordnetentätigkeit von 1992 bis 1996 – Parlamentarischer Berater beim Landtag von Baden-Württemberg, zunächst als Persönlicher Referent des damaligen Fraktionsvorsitzenden der FDP/DVP, Dr. Jürgen Morlok, später dann vornehmlich im Bereich Haushalt, Finanzen und Steuern. 1980 bis 1994 war er Kreisvorsitzender der Freien Demokraten Tübingen, wurde 1989 in den Kreistag und 1994 in den Gemeinderat der Universitätsstadt Tübingen gewählt. Dort ist er auch Mitglied der Aufsichtsräte der Stadtwerke Tübingen GmbH, der Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau sowie der Technologieförderung Reutlingen/Tübingen. Neben weiteren ehrenamtlichen Tätigkeiten ist er auch im Vorstand des Vereins „Pro RegioStadtbahn e.V." aktiv.

Einsatz für die Demokratie

Dr. Christopher Gohl, Mitglied des Verwaltungsrats der Reinhold-Maier-Stiftung betonte in seiner Begrüßung, was Tenor des Abends werden sollte: „Dietmar Schöning hat nicht jahrzehntelang auf die Ehrung hingearbeitet, aber er hat die Ehrung durch jahrzehntelange Arbeit im Weinberg der Demokratie verdient“.

Der Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, Boris Palmer, ließ es sich nicht nehmen, ein Grußwort zu sprechen und er stellte Schöning als „exzellenten Fach- und Sachpolitiker dar“, der sich nicht äußert, wenn er nicht genug zu dem jeweiligen Thema weiß oder zu sagen hat. Er zeichne sich durch seine tiefe Einarbeitung in Themen aus und sei oft seiner Zeit voraus gewesen. Vor allem in der Haushaltspolitik kenne sich niemand besser aus als Schöning. Der Geehrte sei zudem ein „Liberaler im wahrsten Sinne des Wortes“, der nicht versuche, anderen die eigene Auffassung überzustülpen. Nicht zuletzt sei Schöning ein Freund, so Palmer.

Auch Dinah Murad, Kreisvorsitzende der Freien Demokraten Tübingen, hob Schöning als „wahren Kommunalpolitiker“ und „wirklichen Kämpfer, der auch in schweren Zeiten immer die Fahne hochhebt“ hervor und zitierte Hagen Kluck, der 2018 bereits mit der Reinhold-Nadel ausgezeichnet wurde, und der über Dietmar Schöning gesagt habe, dass dieser „das Wikipedia der Kommunalpolitik“ sei. Schöning habe immer sein Wissen dazu genutzt, alle im Konsens weiterzubringen und Kompromisse zu finden, mit denen alle Seiten gut leben können.

Irene Schuster, Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen Tübingen betonte, dass man nicht umhinkomme, Dietmar Schöning und seine Sachkundigkeit wahrzunehmen.

Als Überraschungsgast war Hinrich Enderlein, der von 1972 bis 1988 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg war – wie Schöning für den Wahlkreis Tübingen – extra zu Ehren seines Freundes und langjährigen Wegbegleiters aus dem brandenburgischen Kleinmachnow gekommen. Er habe Schöning stets als kämpferisch, manchmal mahnend und sarkastisch erlebt, der immer nach einem Weg suche. Dabei käme ihm sein strategisches Geschick zu Gute. Persönlich habe er von Schönings „strategischen Denken und seinen Formulierungskünsten immer wieder enorm profitiert“.

Ein eindrucksvolles Vorbild für die Demokratie

Die Laudatio hielt schließlich der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Reinhold-Maier-Stiftung, Jochen Haußmann MdL. Haußmann zeichnete die politischen Stationen Schönings nach und zeigte auch dessen vielfältiges ehrenamtliches Engagement auf. Er betonte: „Diese zivilgesellschaftliche Komponente der Kommunalpolitik und des bürgerschaftlichen Engagements ist unglaublich wichtig für die Stabilität unserer Demokratie“. Genau diese Form des vernetzen Engagements habe auch Reinhold Maier gemeint, wenn er von Graswurzeldemokratie gesprochen habe. Schönings tiefgründige Expertise habe ihm „auf allen politischen Ebenen und über Parteigrenzen hinweg große Reputation und allerhöchsten Respekt eingebracht“, betonte Haußmann und fuhr fort: „Seine Verbindung aus Sachkenntnis und Sachlichkeit im Dialog macht ihn auch zu einem Realpolitiker, der an der Problemlösung interessiert ist, nicht an der Durchsetzung eines politischen Dogmas“. Schöning sehe die „kommunale Ebene als wichtige Rückkopplung in einer Bürgergesellschaft“, oder wie es schon Reinhold Maier ausgedrückt habe: „Demokratie muss unten da sein. Ist sie unten nicht da, dann fehlt sie oben ganz gewiss.“

Im Stadtrat, dem er bereits seit 25 Jahren angehört, gelte Schöning „als allseits anerkannter Experte, dessen Sachverstand, seine vielfältigen Kontakte und sein konzilianter Umgangston von Rat wie Stadtverwaltung gleichermaßen geschätzt werden. So ist es ihm immer wieder gelungen, auch aus einer kleinen Fraktion heraus Mehrheiten für liberalen Anliegen zu organisieren und so wichtige kommunale Projekte durchzusetzen.“ Dietmar Schöning sei durch seinen unermüdlichen Einsatz ein „eindrucksvolles Vorbild für die Demokratie in Baden-Württemberg und in Deutschland“, schloss Jochen Haußmann.

In seinen Dankesworten betonte der Geehrte, wie wichtig es sei, sich stets einzumischen. Der Respekt vor den Institutionen dürfe nicht verloren gehen. Die aktuelle Maßlosigkeit, mit der aktuell über die Institutionen der Demokratie hergezogen werde, mache ihm Sorge, so Schöning. Daher gelte: „Man muss sich einmischen und sagen, was nicht geht“. Eine Gesellschaft brauche Mechanismen, um ein gemeinsames Fundament der Debatte entwickeln zu können. Dafür sei es wichtig, Vertrauen zu schaffen und einander zuzuhören – letzteres nicht nur im Sinne eines reinen Hörens, sondern auch eines gegenseitigen Verstehens.